Immer wieder muss man Entscheidungen treffen im Leben – banale und schwerwiegende, intuitive und wohl überlegte, erzwungene und freiwillige, gute und schlechte. Mal fällt es leicht die Richtung zu weisen, mal ist es ein ewiges Hin und Her, ein Abwägen von Pros und Contras. Meistens ist nicht klar, welche Konsequenzen eine Entscheidung wirklich mit sich bringt. Ungewissheit ist das, was Entscheidungen so schwer macht… zumindest dann, wenn man sich für was Neues, Unbekanntes entscheidet. Aber im Unbekannten liegt auch die Macht des Besonderen.
Ich habe es schon immer geliebt, überrascht zu werden – von mir, von anderen, vom Leben. Nicht immer hatte ich den Mut mich auch wirklich auf das Unbekannte und Neue einzulassen. Vielleicht habe ich mir selber zu wenig vertraut, vielleicht wollte ich den bequemeren Weg gehen, vielleicht aber hatte ich auch nicht die nötigen Energiereserven. In den letzten Jahren hat sich das sehr verändert – auch dank dem Leben, das ich führen darf.
Mal wieder blicke ich zurück und muss staunen, was die letzten 5 Monate, seit ich wieder sesshaft bin, alles passiert ist. Nie hätte ich für möglich gehalten, das sogar in meiner Heimat so viel Neues und damit Tolles geschehen kann.
Ein neues Zuhause in einer WG, die nicht besser sein könnte. Ein neuer verrückter Teamsport mit noch verrückteren Leuten. Einem Menschen, der mich antreibt. Eine neue Lieblingsband, die mich inspiriert. Dann die Entscheidung Sardinien alleine oder nicht. Ich entscheide mich dagegen. Warum genau, kann ich nicht begründen. Es ist ein Gefühl, wie es so oft bei Entscheidungen ist. Stattdessen zieht es mich in meinem VW Bus in die wunderschöne, vom Herbst bunt gefärbte Bergwelt um den Walensee. Wandern, Gitarre spielen, Sterne zählen, Fotografieren, Schreiben. Auch dort überrascht mich das Leben mit einer ganz besonderen Verbundenheit und Lebensfreude. Vielleicht sollte es so sein, hoch oben mitten in den Schweizer Alpen zu stehen und mich von den Lichtern verzaubern zu lassen.
Mein Interesse für Psychologie führt mich zurück an die Uni mit Professoren, die besser als jeder Comedian sind und Studenten, die mir meine Wurzeln zeigen. Im Frühjahr entschied ich mich, eine Weiterbildung zum Natur- und Erlebnispädagogen zu machen. Ich treffe auf tolle Menschen und wie sollte es anders sein: erlebnisreiche Abenteuer in der Natur und der mir eigentlich verhassten Grossstadt. Ich komme an meine Grenzen, lerne Hilfe zu erbitten und mich einzulassen, lerne noch mehr vertrauen zu haben in das Leben an sich. – Das alles waren Entscheidungen gegen das Bekannte und für das Unbekannte.
Ich fliege nach Malta – alleine. Eigentlich fühlt es sich grad nicht so an. Mietwagen, links fahren, alleine Tauchen in einer neuen Tauchbase, englisch reden. Trotz dem Wunsch nach Neuem, macht sich Überforderung breit. Will ich das? Wird es mir nicht doch zu viel? Aber der Flug und alles sind bereits gebucht. Nun gut, daheim bleiben wäre auch dämlich. Also meinen Geburtstag alleine verbringen. Und mal wieder werde ich überrascht. Ich sitze mit zwei Schweizern und einem Deutschen auf meiner Terrasse mit Meerblick und wir stossen bei Sonnenuntergang an. Es sind nicht irgendwelche Menschen. Uns verbinden Erlebnisse und Personen aus unserer Vergangenheit. Es scheint fast so, als ob sich die Wege hier kreuzen sollten.
Die einen nennen es Zufall, die anderen Schicksal. Ich glaube, dass das Leben uns immer wieder einlädt, Neues kennenzulernen und mit verschiedenen Zeichen darauf hinweisst. Es ist an uns diese Zeichen zu erkennen, die entsprechende Richtung einzuschlagen, auch wenn sie im ersten Moment verrückt erscheint und uns einfach mal darauf einzulassen.
Begegne ich neuen Menschen, begegne ich auch immer einem Teil von mir selbst. Ich kann Neues oder Altes in mir entdecken, was ich lieben kann oder zukünftig ändern will. Es gibt Menschen, die möchte ich in meinem Leben halten, da sie etwas mit mir machen. Sie verändern mich, meine Sicht auf die Welt, bereichern mich, gewollt oder ungewollt.
Solche Menschen sind für mich der Goldschatz am Ende eines Regenbogens, der plötzlich, ganz unerwartet aus dem Nichts auftaucht und mich einlädt ihm zu folgen.