10. Feb. 2017 – Beachparty mit Orcas

Dienstag, 7. Februar: ein letztes Mal Hundeabendessen, ein letztes Mal mit Jack und Yeti spazieren gehen, ein letztes Mal Zwerglampe Kuba seinen Trichter anziehen. Es war eine schöne, intensive Zeit bei Husky Andoy und all seine Bewohnern. Mensch wie Tier werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Mit etlichen neuen Erfahrungen im Gepäck geht es nun weiter ins 30km entfernte Medby, wo ich netterweise eine Bleibe bei Christian habe und bis zum Rückflugtag am 20. Februar noch ein paar freie Tage geniesse.

Das Wetter ist gigantisch schön. Nachdem sich seit Mitte Januar die Sonne wieder zeigt, werden die Tage jeden Tag um 7 min länger. Und so sitzen wir abends beim Feuer dick eingepackt in den norwegischen Ganzkörper-Strampelanzügen draussen und geniessen das Himmelsspektakel. Nordlichter, Mond und Sterne präsentieren sich in einer Intensität, wie ich sie nur selten gesehen habe. Noch ein paar Würstchenen auf den Grill und der Abend ist perfekt! Das Knistern des Feuers wird begleitet vom Rauschen des Meeres. Ansonsten Stille. Ein wunderbarer Ort zum Abschalten. Der für den kommenden Tag geplante Whalewatching Trip wird leider abgesagt, so dass ich hier den Strand erkunden gehe und mich an den vom eisigen Wind geschaffenen Eisformationen erfreue. Fotografieren, Schreiben und im Liegestuhl am Strand Entspannen stehen auf dem Plan.

Auch der Donnerstag verspricht Sonne pur und so entschliesse ich mich auf den zweithöchsten Berg auf Andoy, den 662m hohen Gavltinden, zu wandern. Leider ohne Snowboard im Gepäck. Das wäre wirklich ein Traum gewesen in dieser Kulisse von Powder getragen gen Fjord abzufahren. So stapfe ich durch verschneite Birkenwäldchen, die von etlichen Elchspuren gesäumt sind, gen Gipfel, der mir einen grandiosen Rundum-Ausblick bis auf das weite Nordmeer eröffnet. Wirklich überwältigend. Zahlreiche Gipfel säumen Fjorde, Sunde und Meeresarme. Mir geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Kurz bevor ich wieder absteigen möchte höre ich ein Dröhnen. Eine tarnfarbene Militärmaschine erhebt sich vor mir und dreht einen Bogen direkt über dem Gipfel. Ich winke und kann es kaum fassen. Vermutlich bin ich jetzt bildlich in irgendwelchen norwegischen Akten hinterlegt. Frau alleine auf Gavltinden. Ob das die Fortsetzung der militärischen Überwachung der Huskyfarm ist? Eines Morgens beim Frühstück passierte ein tarnfarbenes Boot den Fjord und verlangsamte seine Fahrt genau auf Höhe der Huskyfarm. „Was wollen die? Super Tarnung auf dem Wasser mit braun und grün.“ machte ich mich lustig. „Ob die auch sehen, dass man den Stinkefinger zeigt?“ Prompt als ich das tat, wurde das Boot wieder schneller. Hier in Norwegen bleibt nichts unbemerkt. Es scheint normal zu sein, dass sie Küstenwache Patrouille schiebt. Nicht nur einmal wurden so Hanffelder von Bauern in der Wärmebildkamera aufgedeckt.

Freitag geht’s dann endlich nach Andenes zum Whalewatching, bzw. zum Schnorcheln mit den Orcas. Ja, schnochrlen. Hier im Nordmeer. Man hat ja sonst nix zu tun. 🙂 Da die Busverbindungen hier auf den Inseln bescheiden sind, versuche ich mein Glück und trampe die 50km. Nach nur 2min werde ich von einem netten Norweger mitgenommen. Bei Seasafari heisst es dann einkleiden. Das erste Mal schlüpfe ich in so einen Trockenanzug. Mehrere Schichten Merinounterwäsche und Pullis sollen mich gegen die Kälte schützen. Angeblich bleibt man ja im Trockenanzug trocken. Ich bin gespannt. Dann noch Neohaube und Handschuhe an, Schnorchel, Taucherbrille und Flossen, und los gehts. Das 500PS Boot bringt uns schnell raus aufs Wasser, da wo am Morgen bereits einige Gruppen von Orcas gesichtet wurden. Als wir uns den Orcas nähern heisst es nur noch „Make you ready….. and jump.“ Schnell springen wir ohne viel Zeit zum Nachdenken zu haben, in das Wasser zu den Orcas. Mein Blick erhascht sogleich ein mittelgrosses Tier, welches unter uns hindurch taucht. Ich geniesse den Anblick und ein Lächeln macht sich breit. Schnorcheln mit den Orcas, die auch Killerwale genannt werden. Verrückt! Once in a lifetime experience. Die See ist leicht aufgewühlt, aber mit den Drysuits schwimme ich wie ein Korken obenauf. Irgendwie chillig so im Wasser rumzuhängen, was mit 6 Grad zudem deutlich wärmer ist, als die Minus 5 Grad kühle Luft.

Der Pot, schwimmt weiter und da wir diesen schnellen Tieren mit Flossen allein nicht folgen können, geht’s wieder zurück aufs Boot. Noch zweimal heisst es dann „jump“, gefolgt von stillem Staunen. Die Tiere passieren uns in rund 5 Meter Entfernung. Ob sie wirklich Notiz von uns nehmen, lässt sich nicht sagen. Auf jeden Fall sind sie nicht an uns interessiert, weder als Freunde noch als Futterquelle. Diese Orcas hier haben es auf den Hering abgesehen, der jeden Winter in den Andfjord kommt. Heute hatten wir extrem viel Glück so viele Gruppen zu sehen. Die Tage zuvor waren wohl ziemlich mau. Ich bin totally happy.

Das Team von Seasafari lädt mich zum Abendessen ein und so bleibe ich über Nacht. Es tut gut mal wieder Zeit mit alten Bekannten zu verbringen und die besondere Atmosphäre hier geniessen zu können. Nach einem Absacker im einzigen Pub falle ich in einen zufriedenen Schlaf.

Zurück nach Medby trampe ich ebenfalls. Mein Schicksal meint es wieder mal gut mit mir. Nach rund 20 Minuten Daumen hoch sitze ich bei einem Garnelenfischer im Auto. Es stellt sich auf der Fahrt heraus, dass er Christian sehr gut kennt. Die Welt ist klein und hier oben noch kleiner.

Der Abend steht ganz im Zeichen einer kleinen Beachparty. Ein befreundetes polnischen Paar und ein Tscheche sind zum Grillen eingeladen. Hefeteig fürs Stockbrot, Würstchen, Fleisch, Salat, Nachtisch, Gin Tonis, Kuba Libre, Bier, Wein, …. Es wird feuchtfröhlich. Wir reden Englisch, gespickt von Norwegisch, Tschechisch und Deutsch. Beachparty in Nordnorwegen Anfang Februar. Legendär! Normal kann ja jeder…